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Pressebericht

Das Bergsteiger-Ehepaar Gerlinde Kaltenbrunner und Ralf Dujmovits wurde am vergangenen Samstag in Siegertsbrunn bei München vom traditionsreichen Alpenklub Berggeist (AKB) als „Berggeist des Jahres“ ausgezeichnet. Einer der kleinsten Alpenklubs Europas und eine DAV-Sektion ohne alle Dienstleistungsambitionen möchte mit dem 2004 erstmals vergebenen Preis auf Personen aufmerksam machen, die sich im Sinne der Vereinssatzung besonders um den „idealen Wert des Bergsteigens“ verdient gemacht haben. Der Bergführer und meteorologische Expeditionsberater Dr. Karl Gabl aus Innsbruck, der die Ehrung im Vorjahr erhalten hatte, hob in seiner Laudatio besonders den sauberen Begehungsstil hervor, mit dem Kaltenbrunner und Dujmovits an den 8000ern unterwegs sind. „Als Gerlinde mir im Frühjahr per Satellitentelefon vom Gipfelerfolg am Mount Everest berichtete, hörte ich, wie sie in Tränen ausbrach und dann musste ich genauso weinen, Ich hab sie ja so oft bei ihren Expeditionen aus der Ferne begleitet und mitgefiebert“, berichtete der bekannte Wetterexperte.
Den mit 500 Euro dotierten Preis werden Gerlinde und Ralf der Nepalhilfe Beilngries spenden, um ein Schulobjekt zu fördern.

Laudatio von Dr. Karl Gabl

Lieber Ralf, liebe Gerlinde

letztes Jahr hast Du, Ralf, mich, als ich Berggeist des Jahres 2009 wurde, in höchsten Tönen gelobt. Heute ist es meine Aufgabe, eure Laudatio zu halten. Ich fühle mich persönlich geehrt, aber auch tief berührt, da unser Kontakt über Jahre kein rein technischer, erfolgsorientierter Kontakt war, bei dem streng formalistisch irgendwelche Wetterdaten über den Bedeckungsgrad in Achtel Bewölkung, Temperaturen, Windrichtungen und Windgeschwindigkeiten in Knoten ausgetauscht wurden.

Lieber Ralf,

wir sprachen auch über viele persönliche Dinge, wir zitterten aber auch oft gemeinsam um Gerlinde, vor allem am K2 waren wir eine Seilschaft, die über mehrere tausend Kilometer hielt. Dein Scharfsinn und Intellekt, du warst ja schon in der Schule Klassenbester, brachten es mit sich, dass ich dich zum einzigen verlässlichen und wahren Wetterbeobachter im Himalaya und Karakorum ernennen müsste. Bei den E-Mails war oft ein Foto über die aktuellen Verhältnisse dabei, und oft zeigten sie durch den Jetstream bedingte riesige Schneefahnen am Gipfel über hunderte von Metern an. Besonders berührt hat mich ein Bild mit Gerlinde vor dem K2 in diesem Sommer: Es zeigte Gerlinde vor einem wolkenlosen Himmel und der steil aufragenden Silhouette des K2 mit einem Schild in der Hand auf dem geschrieben stand, „Charly, wir wünschen Dir heute einen schönen Tag.“ Das ist die Motivation für einen Beamten im Dienst schlechthin.

Du warst mir auch nicht böse, als ich dir am Manaslu am Nachmittag ein paar konvektionsbedingte Schauer vorhersagte und Du nach 60 cm Neuschnee in zwei Stunden vom obersten Lager ins Basislager zurückgekehrt bist. Der nächste Versuch bei schwierigen Wetterbedingungen war aber erfolgreich. Wieder hast Du an mich gedacht. Alle zehn Teilnehmer, die am Gipfel waren, haben sich lautstark gleichzeitig via Satellitentelefon vom Basislager aus bedankt.

Ich habe dich noch als Bergführer beim Summit Club vor fast 30 Jahren kennengelernt. Mir bist du damals schon aufgefallen. Wahrscheinlich hast Du auch vergessen, dass du mir am Cho Oyu 1995 geholfen hast. Unterwegs mit einer Summit Club Expedition musste ich aufgrund von befürchteten Erfrierungen auf fast 7800 m umdrehen und am nächsten Tag einen Gipfelgänger mit schweren Erfrierungen an den Händen zum Basislager hinunterführen. Ein Zelt blieb zurück. Wenige Wochen später kam das von Ralf herunter getragene Zelt in München an.

Was mich damals bei dir faszinierte, war nicht nur die ungewöhnliche Hilfsbereitschaft, du besitzt laut deinen Freunden eine Art Helfersyndrom. Herausragend war auch deine absolute Höhentauglichkeit. Wie ich dich über 7100 m beobachtete und fotografierte, glaubte ich an eine Fata Morgana: Dein Tempo, deine Bewegungen, dein Stil passte zu den Westalpen auf 4000 m Höhe, aber keinesfalls auf 7000 m Höhe.

Du warst im Gymnasium oft Klassenbester, aber kein Musterschüler.
Du bist auch kein Nachahmer oder Kopierer: Du machst es anders als die große Masse.

Das fing schon beim fahrbaren Untersatz an: Während deine Kollegen mit einem Moped der Firmen Peugeot oder Herkules herumkurvten, warst du mit einem Solex, einem motorunterstützten Fahrrad, unterwegs. Mit einem Moped fuhrst du sogar bis Paris, die Marke des Mopeds ist aber nicht überliefert.

Du warst immer ein Technikfreak, zum Leidwesen deiner zwei jüngeren Brüder, den Zwillingsbrüdern Martin und Peter. Sie konnten nächtelang nicht schlafen, weil du mit einem selbst gebauten Morsegerät stundenlang deine Freunde kontaktiert hast.

Das Motto aus 3 mach 2 hast du beim Autohandel verfolgt, speziell hast du mit der Nobelmarke Mercedes gehandelt, in dem du alte Autos gekauft hast und aus drei Autos zwei fahrbare Untersätze gebaut hast, die dann nach Paris oder nach Südfrankreich exportiert wurden.

Kein Wunder für mich ist, dass du Unternehmer geworden bist. Deine Geschäftstüchtigkeit war legendär. Einmal in Südfrankreich am Nachmittag unterwegs, hast du mit deinen Kollegen den Kiene-Swing, also mit einem Seil von zwei Brücken schwingend, durchgeführt. Als plötzlich ein Bus stehen blieb und euch die Insassen beobachteten, hast du Kleingeld in deinen Kletterhelm gesteckt und die darauf folgende Sammlung hat für euch etwa 150 Mark ergeben.

Musikalisch bist du auch ein Querdenker gewesen. Während andere, die große Masse, Instrumente wie Klavier, ein Blasinstrumente oder auch Streichinstrument spielen, hast du das eher ungewöhnliche Instrument der Maultrommel ausgewählt.

Deine ersten Gehversuche im Alpinismus hast du in deiner Heimat in Bühl mit deinem Vater unternommen. Ziel war der Battert, der Kletterfelsen schlechthin in dieser Region.

Nach dem Gymnasium ist bei dir eine Leidenschaft, eine ungeheuer große Motivation zum Berg entstanden. Verursacht hat dies eine fast einjährige Reise in die Anden nach Südamerika, bei der du viele Sechstausender, manche auch allein bestiegen hast, u. a. auch den Huascaran.

Von dieser Reise zurück, hast du im Umfeld der Jungmannschaft der AV-Sektion Baden-Baden Andi Dick kennengelernt, mit dem du manches Abenteuer in schwierigsten Routen erlebt hast. Mit Andi seilfrei in der Großhorn-Nordwand unterwegs, stürzte Andi 150 m ab. Nach diesem glimpflich verlaufenen Sturz seid ihr noch diesmal am Seil weiter durch die Wand aufgestiegen. Beim folgenden Biwak hast du dich um den Andi gekümmert. Viele Eistouren in den Westalpen Blümlisalp, Schreckhorn, Ebnefluh , aber auch Felstouren in den Ostalpen, wie die Laliderer Verschneidung, folgten.

Kurzer Auszug aus deinem Tourenbuch:
Grandes Jorasses N-Wand, Walkerpfeiler (mehrfach, auch als Führungstour mit Kunden)
Matterhorn-N-Wand, Winterbegehung
Eiger-Nordwand-Wand, Liveübertragung
Mont-Blanc, Freney-Pfeiler (als Führungstour mit Kunde)
Mont-Blanc, Peuterey-Grat oberer Teil
Eiger-Nordostwand, Lauperroute (als Führungstour mit Kunde)
alle 4000er der Alpen
Sportkletterrouten
Routen bis 7a onsight

Man sagt dir Ehrgeiz, offensives Draufgängertum nach. Vor allem bewundert wurden auch deine waghalsigen Abfahrten mit dem Skateboard älterer Bauart auf der Schwarzwaldtalstraße, bei denen Geschwindigkeiten von 50 km/h erreicht wurden und das Bremsen ein Problem darstellte.

Als Leichtathlet und als Marathonläufer hast du dir die Voraussetzungen für das spätere Höhenbergsteigen geschaffen.

Bald kristallisierte sich deine Fähigkeit, deine Zähigkeit für das Expeditionsbergsteigen heraus. Dein Mentor war damals Michl Dacher, der deine außergewöhnlichen Fähigkeiten, auch dein ungewöhnlich gute Höhenanpassung, früh erkannte und dir eine große Karriere zumutete.

Schon von Anfang an, hast du innovatives Exeditionsbergsteigen betrieben. Für diese Zeit unüblich, hast du mit kleinsten Gruppen große Expeditionsbergfahrten unternommen. Zum Beispiel am Nuptse Nordwestgrat, den du ab Lager II solo bestiegen hast.
Besteigungen weltweit:
Mt. McKinley, 6193 m (3x)
Mt.Vinson, 5140 m (höchster Berg der Antarktis, (4x)
Erstbesteigung in Queen Maud Land: Mt. Holtanna 2.650m / Südpfeiler
1990 Gipfel des Dhaulagiri, 8167 m, erster Achttausender
1992 Gipfel des Mt. Everest; 8848 m
1994 K2, 8611 m
1999 Broad Peak, 8047 m
2000 Gasherbrum II, 8035 m
2001 Nanga Parbat, 8125 m bis zum Lhotse 2009

Der holden und feurigen Weiblichkeit warst du keinesfalls abgeneigt und nicht nur theoretisch zugetan, wobei dir dein gutes Aussehen, österreichisch würde man „fesch“ sagen, aber auch dein Charme gute Dienste leisteten. Als praktisches Ergebnis kamen mit Belem, einer feurigen Spanierin, ein Sohn und mit Geli eine Tochter zur Welt.

Und dann kam Gerlinde. Deine Freunde sagen, Gerlinde hat ihn mutiert.

Es gab eine Mutation zur Ruhe, zur Ausgeglichenheit. Auch hast du beim Klettern in Kalymnos alle Agenden eines Hausmannes übernommen. Du warst früher ehrgeizig, zu den Besten zu gehören. Nun kannst du damit umgehen, dass plötzlich jemand stärker ist als du. Dokumentarisch belegbar ist dies durch das Foto am Gipfel vom Lhotse im Mai 2009. Gerlinde war weit voraus, das hättest du 15 Jahre vorher nicht ertragen. Gerlinde wartete auf dich und ich weiß wie bewegend es für euch war, gemeinsam den Gipfel zu betreten.

Es war der letzte fehlende Achttausender für dich und du warst damit der erste Deutsche auf allen vierzehn. Nicht nur 14-mal, sondern 18-mal hast du auf Bergen über 8000 m gestanden. Eine fantastische Leistung.

Nun zu Dir, Gerlinde:

Du hast es bereits 13-mal geschafft und damit hast du allein mehr Achttausender bestiegen, als die zwei folgenden Österreicher Kurt Diemberger und Gerfried Göschl, zusammen. Jeder von ihnen stand je sechsmal auf Bergen dieser Höhe.

Du stammst aus Spital am Pyhrn in Oberösterreich. Dein ersten „alpinen Gehversuche“ hast du noch im Kindergartenalter bei einem Ferienlager mit deinen Schwestern am Almsee gemacht. Dein Interesse zur Leistung, zum Sport muss schon sehr groß gewesen sein, da du auf einer Statue, auf der eine Hexe mit einer Katze auf ihrem Buckel zu sehen war, gleich die Frage gestellt hast, ob das die Hexe mit ihrem Muskelkater sei.

Auf Lagern der Jungschar hast Du die Berge in der näheren Umgebung in den Niederen Tauern bestiegen. Meistens war eurer Führer der Pfarrer von Spítal, Erich Tischler. Er war es auch, der euch Ministrantinnen im Alter von 13 Jahren zum ersten Mal zum Klettern mitnahm. Das war während deiner Ausbildung in der Schihauptschule Windischgarsten. Die erste Kletterroute am Sturzhahn hat in dir die Kletterbegeisterung geweckt.

Jahre folgten, in denen du als Mitglied der Naturfreunde die Leidenschaft zum Klettern in Fels und Eis durch eine Vielzahl von Touren ausleben konntest, auch nahmen die Schwierigkeiten zu und dein Können entwickelte sich immer mehr. Es folgten Touren in den Ost- und Westalpen.

Du warst heuer allein am Everest. Das Bergsteigen hat auch manchmal mit Einsamkeit zu tun, mit der du nun gut umgehen kannst. Dies war nicht immer so: als du zur Ausbildung zur Krankenschwester nach Wien gehen musstest, hättest du einsam auf einer Bank in einem Park sitzend deinen Tränen freien Lauf gelassen.

Nach der Ausbildung in Wien hast du in Rottenmann in der Steiermark im Krankenhaus gearbeitet. Die Nähe zu den Bergen war dir das wichtigste.

Deine Leistungsfähigkeit kam nicht von ungefähr. Bei der Vorbereitung für deine erste große Expedition nach Pakistan, bist du fast jeden Tag mit dem Fahrrad über den Pyhrnpass über eine Strecke von über 40 km von Windischgarsten nach Rottenmann zur Arbeit gefahren. Hin und retour. Bei einem Dienstbeginn gegen 6 Uhr bist Du jedes Mal bereits um halb vier in der Früh losgefahren.

Neben diesem Training und um deine Expeditionskasse aufzubessern, hast du auch an Mountainbikerennen teilgenommen. Eine Fahrt zum Mustagh Ata folgte. Die Besteigung klappte nicht, weil während es Aufstieges die ganze Gruppe von einer Lawine erfasst und zum Teil ganz verschüttet wurde.

Nach der Ama Dablam und dem Alpamayo folgten weitere Expeditionen. Deinen ersten Achttausender hast du 1998 bestiegen, es war der Cho Oyu.

Im Jahr 2000 folgte die Shisha Pangma in Tibet (Central Gipfel), 2001 hast du den Gipfel des Makalu erreicht, ein Gipfelgang, der von einer Tragödie eines Teilnehmers überschattet wurde.

Im Frühjahr 2002 hast du den Gipfel des Manaslu bestiegen und, wenn ich richtig informiert bin, bei dieser Expedition auch Ralf, mitten im Küchenzelt unter den Nepali sitzend, kennengelernt. Er war dir auch sofort sympathisch. Beim Abstieg vom Manaslu habt ihr unter größten Schwierigkeiten einen verletzten Teilnehmer betreut und ihn nach unten gebracht und damit zurück ins Leben.

Das Sprichwort, die Liebe geht durch den Magen, hat sich bewahrheitet, aber nicht, weil Ralf dir groß aufgekocht hat, sondern Ralfs Expedition hatte einen hervorragenden Koch.

Im Kilroy in Kathmandu dürfte zwischen euch ein Funkenflug begonnen haben, zumindest von der Seite von Ralf aus. Du hast zunächst nur den Kantsch im Kopf gehabt, zu dem er dich eingeladen hat. Aus den Funken dürfte am Kantsch bei euch beiden ein loderndes Feuer entstanden sein.

Allerdings musste die Expedition in 7200 m abgebrochen werden. Ich erinnere mich noch genau an das Telefonat mit Ralf: Er sprach von großen Neuschneemengen. Ein Blick auf das europäische Modell zeigte für den Kantsch weitere ergiebige Neuschneemengen von weit über einem halben Meter an.

Noch im gleichen Jahr (2003) im Sommer hast du über die Diamirflanke den Nanga Parbat erreicht und eine illustre Schar von Expeditionsbergsteigern kennen gelernt. Darunter auch Kasachen, die dich in einer unfeinen Macho-Art behandelten aber Rache ist süß: Am Nanga Parbat warst Du nicht nur Krankenschwester, sondern auch Ärztin, ganz genau Zahnärztin und wahrscheinlich für die kasachische Krankenkasse tätig. Es ist nicht überliefert, ob dir Denis Urubko auch einen Zahnbehandlungsschein übergab. Überliefert ist aber die Art der Zahnbehandlung. Denis hatte bei seinem Gipfelgang am Nanga Parbat eine Zahnplombe verloren. Du nahmst dein Zahnbesteck mit der mitgebrachten Plombenpaste und mit Hilfe deiner Assistentin Barbara Zwerger, einer Südtirolerin und Gefährtin von Simone Moro, gings ans Werk: jedoch wie sollte der Zwischenraum zwischen Backe und Zahn gefüllt bzw. der Speichelfluss eingedämmt werden. Da ich ein Geheimnis verrate, ersuche ich alle Anwesenden im Saal gegenüber Denis strengstes Stillschweigen zu bewahren. Kasachen sind oder waren es zu dieser Zeit Machos. Wenn Denis wüsste, dass sein Mund für die Plombenfüllung mit Tampons, bei denen, um sie nicht erkennen zu können – wohlweislich die Schnüre abgeschnitten wurden, vollgepropft wurde, hätte er sich diesen Zahn wahrscheinlich reißen lassen.

Du bist, wie wir alle wissen, eine ungeheuerlich tapfere und beim Höhenbergsteigen wahrscheinlich auch leidensfähige Frau. Dennoch kenne ich eine Schwachstelle, bei der große Angst in Dir hochkommt. Das hat wieder mit den Zähnen zu tun. In Österreich ist es üblich, wenn teure Zahnbehandlungen bevor stehen, dass man nach Ungarn fährt und dort sich seine Zähne kostengünstig richten lässt. Deine Finanzen müssen nicht die besten gewesen sein, als du anstatt in Ungarn, in Skardu in Pakistan während der Gasherbrum-Expedition zum Zahnarzt gegangen bist und eine größere Höllenangst als bei der Besteigung eines Achttausenders gehabt hast.

Du bist aber nicht nur ein tapfere und tüchtige, du bist auch eine schöne Frau. Sogar auf den höchsten Gipfeln, das muss ich neidvoll erkennen, zeigst du auf den Gipfelfotos ein makelloses Makeup und niemals Falten im Gesicht. Allerdings muss ich dich in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass du mir heuer über das Satellitentelefon am Everest aus 8300 m Höhe eine kleine Tube deiner Gesichtscreme versprochen hast, die ich aber noch nicht bekommen habe.

Zurück zu den Bergen. Kontinuierlich reihte sich ein Achttausender an den anderen. Du hast aber keinen Wettlauf mit den anderen veranstaltet, um die erste Frau zu sein, die alle 14 Achttausender schafft. Im Mai 2005 war dir mit Ralf die Bergung eures höhenkranken japanischen Freundes Hiro wichtiger, als den Gipfel der Everest zu erreichen.

Immer wieder hat es im Umfeld deiner Expeditionen tragische Unfälle gegeben, nicht nur in diesem Jahr am K2, auch an der Annapurna oder am Dhaulagiri, um nur wenige zu nennen. Fast hättest du am Dhaulagiri ein ähnliche Schicksal wie Reinhard Karl in der Cho Oyu Südwand erfahren, der neben Wolfgang Nairz im Zelt liegend, von einer Eislawine getötet wurde.

Im Jahr 2007 folgte der Broad Peak und deine ersten Versuche am K2. Mittlerweilen war ich schon längst natürlich neben Ralf ein Zeltpartner von dir, vom Basecamp bis zu den Hochlagern, geworden. Auf dem Dhaulagiri bist du 2008, und 2009 am Lhotse 2009 gestanden. Der K2 hat auch 2009 keine Besteigung zugelassen.

Besonders berührt hat mich dein Gipfelsieg heuer am Everest, als du mich nach dem Erfolg von 8300 m Höhe angerufen hast und wir beide in Tränen ausbrachen.

Du bist die einzige der Frauen, die so viele oder mehr Achttausender bestiegen haben, welche immer „by fair means“, ohne Sauerstoffflasche und ohne Sherpas als Hochträger unterwegs war.

Du hast nicht nur ein großes Sportlerherz, ein Bergsteigerherz, gemeinsam mit Ralf seid ihr bei der Nepalhilfe Beilngries tätig, welche bereits zahlreiche Schulen errichtet hat.

Zum Abschluss möchte ich die Worte von Herbert Tichy aus deinem Buch zitieren: „Es gibt, so möchte ich glauben, ein paar Dinge auf dieser Welt, die vollkommen und nicht zu überbieten sind, die in Form, Klang oder Geistigkeit etwa Endgültiges darstellen: Etwa eine Statue aus dem alten Griechenland, eine Symphonie von Beethoven, ein Satz aus der Bergpredigt. Ebenso vollkommen und endgültig sind manche Berge.“

Wenn ich an den K2 denke, möchte ich Dir am Ende die Worte von Sherpa Pasang Dawa Lama, der mit Tichy den Gipfel des Cho Oyu erreichte, mitgeben. Pasang Dawa Lama hat vor der Besteigung zu Herbert Tichy gemeint: „Mountain can do.“